Amrum
Das Drama „Amrum“ betrachtet eine Zeit, in der Schuld und Kindheit untrennbar aufeinandertreffen. Fatih Akin verankert seine Erzählung in einer Welt, die vom Krieg gezeichnet und zugleich vom Erwachsenwerden durchzogen ist. Zwischen Sturm, Stille und Meer entsteht ein Mikrokosmos, in dem Vergangenheit und Gegenwart ineinander greifen. Die Kamera beobachtet Menschen, die suchen, ohne zu wissen, was sie finden wollen.
- Amazon Prime Video (Video-on-Demand)
- Jasper Billerbeck, Kian Köppke, Laura Tonke (Schauspieler)
- Fatih Akin(Regisseur) - Fatih Akin(Autor) - Lara Rose Förtsch(Produzent)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Im Mittelpunkt steht Nanning, ein Junge, der in den letzten Kriegstagen Verantwortung übernehmen muss. Während seine Mutter in der eigenen Überzeugung zerbricht, sucht er Wege, sie am Leben zu halten. Seine Begegnungen mit den Inselbewohnern formen ein stilles Mosaik aus Pflicht, Schuld und Überleben. Wie verändert ein Kind sich selbst, wenn die Welt um es herum zerfällt?
Besetzung / Darsteller, Regie und Drehorte
Der Film „Amrum“ erschien 2025 und wurde von Fatih Akin inszeniert, der gemeinsam mit Hark Bohm auch das Drehbuch schrieb. Die Produktion übernahm Lara Förtsch. Für die Kamera war Karl Walter Lindenlaub verantwortlich, während Andrew Bird den Schnitt übernahm. Die Musik komponierte Hainbach. Das Drama hat eine Laufzeit von 100 Minuten und erhielt eine FSK-12-Freigabe. Gedreht wurde an verschiedenen Schauplätzen in Hamburg, auf der Insel Amrum sowie in Dänemark. Das Szenenbild stammt von Seth Turner, das Kostümbild von Birgit Missal.
In den Hauptrollen spielen Jasper Billerbeck als Nanning, Kian Köppke als Hermann, Laura Tonke als Hille Hagener, Diane Kruger als Tessa Bendixen, Matthias Schweighöfer als Onkel Theo, Detlev Buck als Sam Gangsters und Lisa Hagmeister als Ena. Der Film feierte am 15. Mai 2025 bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes Premiere und wurde in der Reihe Cannes Premières gezeigt. Eine weitere Vorstellung erfolgte beim Filmfest Hamburg. Der deutsche Kinostart ist am 9. Oktober 2025.
Zusammenfassung & Story vom Film „Amrum“
Im Frühjahr 1945 lebt der zwölfjährige Nanning Bohm mit seiner Familie auf der Nordseeinsel Amrum. Der Krieg hat sie aus dem zerbombten Hamburg hierhergetrieben, wo sie nun mit Tante und Geschwistern Zuflucht gefunden haben. Nanning ist der Älteste und trägt Verantwortung. Er geht fischen, hilft auf dem Feld und jagt Robben, um die Familie über Wasser zu halten. Seine Mutter, streng und überzeugt vom Regime, erwartet ein weiteres Kind. Der Vater sitzt in Gefangenschaft. Inmitten der Entbehrungen versucht Nanning, den Alltag zwischen Pflichten, Angst und kindlicher Neugier zu bewältigen.
Nach dem Kriegsende verändert sich alles. Die Insel, bisher von der Front verschont, wird von Unsicherheit und Neubeginn geprägt. Nannings Mutter fällt nach der Geburt ihres Kindes und dem Tod Hitlers in tiefe Trauer. Sie verweigert das Essen und zieht sich zurück. Nanning will ihr helfen, obwohl er kaum versteht, was um ihn geschieht. Sein einziger Wunsch ist, ihr wieder ein Lächeln zu entlocken. Dafür braucht er Weißbrot, Butter und Honig – Dinge, die es auf Amrum kaum gibt. Doch der Junge gibt nicht auf.
Nanning zwischen Pflicht und Kindheit
Mit erfinderischem Eifer sucht Nanning Wege, an die seltenen Lebensmittel zu kommen. Er tauscht, verhandelt und knüpft Kontakte zu den Bewohnern der Insel, die nach Kriegsende selbst ums Überleben kämpfen. Dabei begegnet er Sam Gangsters, einem Fischer mit rauer Schale, der ihm zeigt, wie man auf der Insel durchkommt. Nanning lernt, das Friesische zu verstehen, erlebt Solidarität, aber auch Ablehnung. Zugleich sieht er, wie schwer es ist, in einer Welt weiterzuleben, die gerade erst aufgehört hat zu brennen.
In dieser neuen Realität muss Nanning seinen Platz finden. Die Erlebnisse auf Amrum, die Begegnungen mit Menschen und die stille Verantwortung für seine Familie formen ihn. Er erkennt, dass die Vergangenheit seiner Eltern ihn begleitet, auch wenn sie nicht seine eigene Schuld ist. Diese Erkenntnis reift langsam, während er lernt, Mitgefühl über Ideologie zu stellen. Der Film endet mit einer stillen, aber klaren Botschaft: Schuld vergeht nicht einfach, doch man kann lernen, sie zu verstehen und Verantwortung zu übernehmen.
Kritiken und Fazit zum Film „Amrum“
Mit „Amrum“ zeigt Akin präzises, zurückgenommenes Erzählen. Karl Walter Lindenlaub rahmt Gesichter kühl und klar. Der Wind prägt Rhythmus und Pausen. Hainbach legt sparsame Motive darunter. Die Montage hält Spannung, vermeidet Effekthascherei. Jasper Billerbeck trägt den Film mit wachem, zärtlichem Blick. Laura Tonke spielt die Mutter scharf konturiert, ohne Pathos. Diane Kruger setzt markante Akzente als Bäuerin Tessa. Alles wirkt kontrolliert, doch nie steril. Akin vertraut Stille, Luft, Raum.
Eine nächtliche Fangszene am Strand zeigt Form und Haltung. Die Kamera bleibt fern, der Ton knirscht, der Atem stockt. Später liegt am Ufer ein toter Soldat, unaufgeregt gesetzt. Akin meidet Sentiment, doch er sucht Verantwortung im Detail. Er verhandelt Schuld, ohne Thesen, über Blicke und Gesten. Einzelne Dialoge klingen erklärend und drücken den Fluss. Dennoch überzeugt die Konsequenz der Form. Wer geduldige, dichte Inszenierungen im Film schätzt, findet hier viel. Wer offene Dramatik erwartet, fühlt sich eher unterkühlt. Kurz gesagt: Stark gespielt, klug gefasst, ästhetisch stimmig, emotional kontrolliert.