Juror #2
Gerichtsdramen haben in der amerikanischen Filmkultur eine lange Tradition, doch selten trifft formale Strenge auf so viel moralische Unsicherheit wie in „Juror #2„. Der Film greift das Spannungsfeld zwischen Schuld, Wahrheit und persönlicher Verantwortung auf und stellt einen Menschen in den Mittelpunkt, der mit beidem ringt – seiner Vergangenheit und seiner Pflicht. Durch die konzentrierte Erzählweise wirkt jedes Wort gewogen, jede Handlung spürbar, und doch bleibt vieles unausgesprochen.
- Amazon Prime Video (Video-on-Demand)
- Nicholas Hoult, Toni Collette, J.K. Simmons (Schauspieler)
- Clint Eastwood(Regisseur) - Jonathan Abrams(Autor) - Clint Eastwood(Produzent)
- Zielgruppen-Bewertung:Freigegeben ab 12 Jahren
Im Zentrum steht Journalist Justin Kemp, der als Geschworener über das Schicksal eines vermeintlichen Mörders entscheiden soll. Während der Fall routiniert beginnt, schleichen sich Zweifel und Erinnerungen ein, die seine Wahrnehmung verändern. Der Prozess entwickelt sich zu einem stillen Kräftemessen zwischen Pflicht und Gewissen, während die Wahrheit immer schwerer zu greifen ist. Kann ein Mann die Gerechtigkeit verteidigen, wenn sie ihn selbst zu zerstören droht?
Besetzung / Darsteller, Regie und Drehorte
„Juror #2“ ist ein US-amerikanischer Thriller unter der Regie von Clint Eastwood, der zugleich als Produzent fungierte. Das Drehbuch schrieb Jonathan Abrams, während Mark Mancina die Musik komponierte. Yves Bélanger übernahm die Kamera, den Schnitt verantworteten Joel und David Cox. Die Produktion begleiteten Adam Goodman, Jessica Meier, Tim Moore, Peter Oberth und Matt Skiena. In den Hauptrollen spielt Nicholas Hoult den Geschworenen Justin Kemp, Toni Collette die Staatsanwältin Faith Killebrew und Zoey Deutch deren Kollegin Allison „Ally“ Crewson. Kiefer Sutherland verkörpert den Anwalt Larry Lasker, Gabriel Basso ist als James Michael Sythe zu sehen, Francesca Eastwood als Kendall Carter, Leslie Bibb als Denice Aldworth, Chris Messina als Eric Resnick und J. K. Simmons als Harold Chicowski.
Gedreht wurde ab Juni 2023 in Savannah und Los Angeles, später in Atlanta. Die Dreharbeiten mussten aufgrund des SAG-AFTRA-Streiks kurzzeitig unterbrochen werden. Die Premiere fand am 27. Oktober 2024 im TCL Chinese Theatre in Los Angeles statt. Der Film, 114 Minuten lang und ab FSK 12 freigegeben, lief zunächst in ausgewählten US-Kinos und erschien anschließend auf Max. Auszeichnungen erhielt „Juror #2“ unter anderem durch Nominierungen bei den AACTA International Awards und den London Critics’ Circle Film Awards.
Zusammenfassung & Story vom Film „Juror #2“
In Savannah, Georgia, Journalist Justin Kemp nimmt Jury Duty wahr, obwohl er sich von seiner Abhängigkeit erholt. Er wird mit dem Fall beauftragt, in dem Kendall Carter vor einem Jahr in mysteriösen Umständen getötet wurde. Kendall hatte eine Auseinandersetzung mit ihrem Freund James Sythe und wurde später unter einer Brücke entdeckt. Sythe steht unter Mordverdacht. Staatsanwältin Faith Killebrew nutzt den Fall, um ihre Kampagne als Bezirksstaatsanwältin zu forcieren. Zeugenaussagen schildern Sythe betrunken und aggressiv in der Nacht. Zudem behauptet ein Augenzeuge, Sythe am Fundort gesehen zu haben. Der Gerichtsmediziner bestätigt Verletzungen durch stumpfe Gewalt.
Justin erinnert sich an eine dunkel verhängte Nacht, als er mit seinem Auto einen Aufprall spürte. Er war vielleicht der unbekannte Täter. Daraufhin sucht er Hilfe bei seinem Sponsor Larry, der zugleich Verteidiger ist. Larry warnt, dass Justins früheres Fahrverhalten ihn unglaubwürdig macht. Er erläutert, dass ein Freispruch schwierig ist und eine Fehlverhandlung kaum Status schützt. Justin entschließt sich, Sythe mit seinem nüchternen Lebensweg zu verteidigen. Der öffentliche Verteidiger Eric Resnick leistet schlechte Arbeit, übersieht medizinische Zweifel und ignoriert Sichtbehinderungen bei Nacht.
Justins Opferung und Entscheidung
Mehrere Juroren plädieren rasch auf Verurteilung, doch Justin fordert genauere Prüfung. Er schlägt höflich vor, bestehende Beweise auseinanderzunehmen. Der pensionierte Ermittler Harold stimmt zu und beginnt eigene Nachforschungen. Er entdeckt Fahrzeugreparaturen, darunter 15 Kandidaten, inklusive Justins Wagen. Justin enthüllt Harolds Recherche vor Gericht, darum scheidet Harold aus der Jury aus. Killebrew gerät ins Zwielicht, nachdem sie erkennt, dass Polizei den Augenzeugen beeinflusste. Sie weigert sich dennoch, Anklage fallen zu lassen, und beginnt selbst Recherchen. Sie ersucht Fahrzeugbesitzer, Reparaturunterlagen vorzulegen. Ally, Justins Ehefrau, wird befragt und bleibt seinem Deckmantel treu, obwohl sie ahnt, was vorfällt.
Ein Juror weigert sich zu wechseln, doch Justin überzeugt andere von Verurteilung – in seiner Abwesenheit. Sythe erhält lebenslange Haft ohne Bewährung. Killebrew erkennt schließlich, dass Justin mit Ally verheiratet ist. Nach Urteilsspruch spricht Justin mit ihr über unerkannte Verursacher und über die Grenzen ihrer Karriere. Er warnt, dass ein Eingriff ihr Amt gefährdet und seinem Leben schaden könnte. Ally bringt gesund ein Kind zur Welt, Killebrew gewinnt die Wahl. Um jede Verbindung zu tilgen, verkauft Justin sein Auto. Doch eines Tages klopft Killebrew an ihre Haustür.
Kritiken und Fazit zum Film „Juror #2“
„Juror #2“ wirkt in seinem Ton konsequent low-key, doch gerade diese Zurückhaltung birgt Kraft. Der Film sammelt in internationalen Kritiken häufig Lob für seine moralische Ambiguität und seinen Respekt vor dem Publikum – er stellt keine klaren Urteile aus, sondern lehnt sich an das Ringen zwischen Recht und Schuld an. Als Schwäche wird vielfach genannt, dass Mensch und System bisweilen zu sehr zum Werkzeug dramaturgischer Notwendigkeit werden, wodurch Logiklücken spürbar werden. Manche Rezensenten bemängeln, wie sehr Wendungen gezielt gesetzt wirken, doch sie würdigen auch die Szenen, in denen kleine Hinweise gewaltige Bedeutung gewinnen.
Ein solcher Moment entsteht, als Justin Kemp Reparaturrechnungen unerwartet vorlegt: Die Stimmung kippt, weil das unscheinbare Dokument plötzlich das Verhältnis aller Beweise neu ordnet. Später, bei der letzten Konfrontation an der Tür, bleibt das Schweigen stärker als jedes Wort – hier kulminiert das Thema der unausweichlichen Loyalität. Eastwood führt diese Situationen ohne große Gesten, und der Rhythmus wirkt reduziert, fast asketisch; doch gerade im Stillen entsteht Spannung. Wenn Belege und Erinnerung sich überlagern, dann erhebt der Film Anspruch auf moralische Mehrdeutigkeit, auch wenn er gelegentlich zu kunstvoll arrangiert wirkt. Für Zuschauende, die subtile Gerichtsdramen mit gravierender Vieldeutigkeit zu schätzen wissen, funktioniert “Juror #2” gut, selbst wenn er nicht in allen Teilen überzeugt – eine ruhige, dichte Auseinandersetzung mit Schuld bleibt als bleibender Eindruck.