Drachenmädchen
„Drachenmädchen“ lief Ende Februar 2013 das erste Mal in den deutschen Kinos. Seine Premiere hatte der Chinabericht im Jahre 2012. Der Druck von den Eltern kann Kindern schwer zusetzen. Daraus erschließt sich aber für das chinesische neunjährige Mädchen Xin Chenxi, Tränen sind ein Zeichen für Unfähigkeit. Sie hat sich hochgearbeitet und gehört zum Eliteteam in der Kampfschule Shaolin Tagou.
- Amazon Prime Video (Video-on-Demand)
- Xin Chenxi, Chen Xi, Huang Luolan (Schauspieler)
- Inigo Westmeier (Regisseur)
- Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 6 Jahren
Während des ersten Wettbewerbes erreicht sie einmal den zweiten Platz und einmal den vierten Platz, obwohl das Ergebnis wirklich gut, sind die Eltern nicht zufrieden. Der Vater erklärt am Telefon, er käme nur vorbei, wenn sie den ersten Platz belegen würde. In Anbetracht ihrer Konkurrenz wird ihr das verwehrt bleiben, aber trotzdem beschwert sie sich nicht.
Besetzung / Darsteller, Regie und Drehorte
Inigo Westmeier ist ein Westeuropäer und praktiziert Kung-Fu. Als Regisseur der Dokumentation „Drachenmädchen“ reiste er in eine fernöstliche Kampfschule in Zentralchina. Dort entstand das Drehbuch, welches er selbst verfasste. Über eine Länge von 94 Minuten berichtet Westmeier über die Kampfschule „Shaolin Tagou“, die schon 1978 gegründet wurde, direkt neben dem Shaolin Tempel. Viele Schulen haben Gefallen an dem Film, weil er einige wichtige Schulthemen diskutiert. Da wäre zum Beispiel: andere Kulturen, Erwachsenwerden, Autorität, China, Durchhaltevermögen, Disziplin, Erziehungsmethoden, Gehorsam, Familie, Normen, Persönlichkeitsentwicklung, Sinn des Lebens, Werte und verschiedene Tradition.
Der Dokumentarfilm wird von Inigo Westmeier selbst gefilmt und ist für alle ab dem 6. Lebensjahr geeignet. Einzelne Szenen wurden von Benjamin Quabeck zusammengeschnitten. Schauspielerinnen und Schauspieler sind die drei echten Charaktere Xin Chenxi, Chen Xi und Huang Luolan. Das bedeutet, sie verkörpern keine Rolle, sondern berichten über ihr eigenes Leben. Dazu kommen Yang Ziyu, Quan Ling und Xu Manyu. Der gesamte Soundtrack wurde von Lee Buddah komponiert und gut verarbeitet von Philip Stegers.
Zusammenfassung & Story vom Film „Drachenmädchen“
Xin Chenxi kam, im Alter von sieben Jahren, auf eine der größten Ausbildungsstätten für Kung-Fu in China. Die Schule fasst um die 26.000 Schüler. Geografisch gesehen liegt das Internat in der Provinz Henan und liegt direkt neben dem Shaolin-Kloster, dessen Namen es auch trägt. Das Kloster selbst ist gegen diese Namensgebung. Über fast hundert Minuten lichtet die Kamera sehr gut den gnadenlosen Drill ab, der in der Schule herrscht. Alle 26.000 Schüler, aus allen Regionen Chinas, sind dieser Herrschaft ausgesetzt. Die Eltern schicken ihre Zöglinge dorthin, um ihnen eine berufliche Zukunft als Polizisten oder Soldaten zu gewähren. Mit dem Ziel, dass es den Kindern später einmal besser geht.
Die meisten Familien schaffen es nicht, sich um ihre Kinder zu kümmern, aufgrund von Arbeit oder Überforderung. Diese Informationen stammen von dem Schulleiter der Klosterschule. Eigentlich ist er sehr darauf bedacht keine Negativschlagzeilen zu verbreiten. Für den Kameramann stellte er extra seine Aufpasser ab. Aber ganz auf kritische Töne möchte der Kommentator nicht vermeiden. Spitzfindig hat Westmeier einige philosophische Erläuterungen zum Kampfsport mit den Worten des Schulleiters im Gegensatz gestellt. Dabei kommt deutlich heraus, dass der Mönch von einer innerer Freiheit und der Direktor eher von einer soldatischen Erziehung sprechen. Es wird deutlich, dass der meditative Ursprung des Kampfsportes perfekt zum totalitären Regime passt.
Eine sechsjährige steht direkt vor der Kamera und erklärt, wie unglücklich sie in der Schule war. Sie nimmt kein Blatt vor dem Mund: „Es ist die Hölle dort, die regelmäßigen Prügelstrafen sind nur ein Teil davon“. Bilder während des Trainings lassen dem Zuschauer selbst Schlüsse ziehen. Zu sehen sind Mädchen beim Kickboxen, die sich vor Schmerzen krümmen oder erschöpft mit den Tränen kämpfen. Eigentlich halten es die meisten Kinder nur dort aus, wegen des Drucks der Eltern.
Eine fünfzehnjährige kommt nüchtern zum Schluss: „Wenn Du lange aushältst, dann kannst Du mit erhobenen Haupt auf die Straße gehen“. Für manche Jugendliche hinterlässt der schulische Alltag allerdings eine riesige Narbe in der Seele. Chen Xi hat sich mittlerweile komplett von ihren Eltern verabschiedet. Mit nur zwei Jahren wurde sie bei der Oma abgeliefert. Heute ist Chen Xi der Meinung, dass Arbeit einen hohen Stellenwert besitzt, aber Kinder mindestens genauso wichtig sind.
Die Alltagsbilder der Kinder sind nett vermischt mit Aufnahmen des Dorfes oder mit dem Trubel der großen Stadt. Trotzdem ist die Dokumentation einer Kindheit im Dauerstress sehr aufwühlend. Gerade für gleichaltrige Menschen ist der Einblick in eine andere Kultur sehr wertvoll.
Kritiken und Fazit zum Film „Drachenmädchen“
Kleine Abstecher in die Heimatorte der drei Mädchen sind nur einige wenige Szenen im Film „Drachenmädchen„. Der Rest spielt fast ausschließlich im Schulgebäude oder Schulgelände. Damit kommt besonders eine Botschaft herüber: Eine Kaderschmiede zeigt, dass der Rest der Welt unwichtig ist. Deutlich wird, welchen Preis eine Gesellschaft zahlt, die das Familienleben einem wirtschaftlichen Aufstieg opfert. Glück im Leben rückt absolut ans Ende der Lebenszeit.
Traurig hallen die Worte des Vaters von Xin Chenxi im Kopf der Zuschauer: „Die Zeit kann ich nicht mehr rückgängig machen. Ich hoffe, sie kann mir irgendwann verzeihen“. Westmeier traf eine gute Auswahl mit den drei Hauptdarstellern. Es verdeutlicht das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Fremdbestimmung, Anpassung und Widerstand.
Drei gute Gründe legen es nahe, der Dokumentation zu zuschauen. Es ist ein sensibles Porträt der chinesischen Jugend, eine seismografische Studie des Reiches der Mitte und ein stilistisches Meisterwerk. Da der Film gerne von Lehrer in der westlichen Welt gezeigt wird, ist ein Nachdenken angepasst. Ist die freizügige westliche Erziehungsmethode die Richtige oder lieber das harte chinesische Erziehungssystem?